Vom Schaf zum Kleid - Wollverarbeitung im Mittelalter

Von Ulrike Pfordt

Stand 06/2019

Vorwort

 

Im Mittelalter wurde Wolle für fast die gesamte Oberbekleidung genutzt. Um Stoffe herzustellen war eine Vielzahl von Arbeitsschritten notwendig. Wir möchten hier, einen kurzen Überblick über diese Arbeitsschritte geben und den Weg beschreiben, den die Wolle „vom Schaf zum Kleid“ durchlief. 

Wir beschäftigen uns hier bewusst nur mit dem Rohstoff Wolle, da sich die Verarbeitung bei anderen Fasern (wie Leinen, Seide oder Baumwolle) in einigen Punkten unterschied und jeweils ein eigenes Thema darstellen würde.

Bei diesem Text handelt es sich bewusst nicht um eine wissenschaftliche Arbeit, da zu solchen so viele Formalien gehören, dass der Zweck des Textes nur schwer erreichbar wäre.

Zweck dieses Textes ist es, interessierten Lesern dieses Thema näher zu bringen und die Grundlage für ein Display (Schautisch) auf verschiedenen Veranstaltungen zu bilden.

Wir werden natürlich ein Quellenverzeichnis für weitergehende Literaturtipps an das Ende anschließen und stehen für Fragen gerne zur Verfügung.

Vorteile von Wolle

 

Wollkleidung ist in der heutigen Gesellschaft nur noch selten zu finden. Die meisten Menschen verbinden mit dem Gedanken an Wolle, einen kratzigen Pulli, den man nur ungern trägt.

Das Naturprodukt Wolle ist bei richtiger Qualität und Verarbeitung jedoch nicht kratzig und bietet einige Vorteile. 

Wolle ist durch das Wollfett (Lanolin) wasserabweisend und kann daher auch für Regenschutzkleidung verwendet werden. Hinzu kommt das jede Wollfaser 30-35% ihres Gewichts an Wasser aufnehmen kann ohne sich nass anzufühlen. Auch diese Eigenschaft macht sie bei Regen attraktiv. Aber auch bei Hitze ist diese Eigenschaft von Vorteil, da sie den Schweiß aufnehmen kann. 

Bei Kälte wärmt Wolle sehr gut, da sich zwischen den einzelnen Fasern im Gewebe ein Luftpolster bildet. Gleichzeitig kann Wolle so dünn sein, das sie auch im Sommer angenehm zu tragen ist. Da im Mittelalter häufiger mit offenem Feuer gearbeitet wurde, als in moderner Zeit, bot sie den Menschen einen weiteren wichtigen Vorteil: Sie ist schwer entflammbar.

Zu all diesen Vorteilen kommt noch hinzu: Wolle besitzt mechanische und chemische selbstreinigende Eigenschaften, wodurch man sie nicht so oft waschen muss. Die mechanische Selbstreinigung entsteht durch die einzelnen Wollfasern. Die Faseranteile quellen unterschiedlich auf und reiben so gegeneinander und Verunreinigungen lösen sich ab. Durch chemische Prozesse kann Wolle zusätzlich Gerüche aufnehmen und neutralisieren (z.B.  Schweiß).

Das Schaf und seine Wolle 

 

Betrachtet man die Wollverarbeitung, so sollte man sich zunächst grob mit Schafrassen und Unterschieden zwischen Wollarten vertraut machen. 

Das Schaffell lässt sich in verschiedene Schichten unterteilen, welche unterschiedliche Eigenschaften haben. 

Die obere Schicht besteht aus Fellhaaren. Diese geben dem Schaf seine Färbung und sein Erscheinungsbild. Sie können glatt, gewellt oder gekräuselt sein. In der Fellhaarschicht befinden sich, in ihrer Struktur recht glatte und weiche Haare, die sogenannten Leithaare, sowie die festeren Grannenhaare. 

Die Unterwolle bildet die zweite Schicht. Sie besteht aus Wollhaare, die zwischen den Fellhaaren stehen. Sie ist wesentlich dichter, wärmt das Schaf und verändert die Haarzahl je nach Jahreszeit: Im Sommer weniger, im Winter mehr.

 

Diese beiden Fellschichten variieren je nach Schafrasse. Eine grobe Unterteilung der Rassen anhand des Haarkleides sieht wie folgt aus: 

 

1. Haarschafe

- kurzes, glattes, grobes Oberhaar und feines, gekräuseltes Unterhaar (z.B.: die meisten afrikanische Rassen) 

 

2. Mischwollige Schafe

- Ober- und Unterhaar fast gleich lang (z.B.: nordisches Heideschaf, Zackelschaf) 

 

3. Schlichtwollige Schafe

- glänzende, wellige, mittellange Wolle; kaum Unterschiede zwischen Ober- und  Unterhaar (z.B:. Leine – und Rhönschafe)

 

4. Reinwollige oder Merinowollige Schafe

- nur langes, gekräuseltes Unterhaar, Fellhaare fehlen durch Züchtung 

           (z.b. Merinolandschaf)

 

 

Haarschafe gelten als Urschafe, alle anderen Schafe entstanden durch Züchtungen. Somit gehören zu den Urschafen die Skudden, Heidschnucken, Walliser, Schwarznasenschaf, Gotlandschaf, Shetlandschaf, Soay, Urial, Aragali, Ovis Montana, Mufflon, sowie das Mähnenschaf.

 

Aus diesen Rassen züchtete der Mensch die weißen Wollschafe, bei denen die Fellhaare keine Färbung haben oder züchtete die Fellhaare gänzlich heraus, wie bei den berühmten Merinoschafen, welches eine sehr dichte, weiche Haarqualität aufweist. 

 

Merino – besonderes Schaf, besondere Wolle 

 

Merinowolle gilt als besonders fein und bietet ein sehr angenehmes Tragegefühl, da die Haare sehr fein sind und sich dadurch besonders weich anfühlen. Sie hat besonders gute wärmeregulierende und atmungsaktive Eigenschaften. 

 

Merinoschafe wurden vermutlich ursprünglich durch die Berberdynastie der Meriniden, die 1150- 1300 nach Spanien vordrangen, gezüchtet. Bereits 1307 wurde der Begriff Merino erstmals in einem Kaufvertrag über 29 Säcke Wolle (Originaltext: lana que appellatur merinus) erwähnt, die die genuesische Kaufmannsfamilie der Usodimare in Tunesien erworben hatte (vgl. Estudios de Historia Moderna. 4, Nr.4, 1954). 

Die Merinowolle war sehr lange ein spanisches Exportprodukt, was sie sehr teuer machte. Die Spanier sicherten sich ihre „Goldgrube“ Merino, indem der Verband der Schafzüchter (Mesta) bis ins 18. Jh die Ausfuhr von lebenden Merinoschafen verbot und so für ein Monopol auf diese besondere Schafrasse sorgte. 

Schafe scheren

 

Um an den Rohstoff Wolle zu kommen, muss man das Schaf zunächst scheren. Dies war und ist je nach Rasse ein bis zwei Mal jährlich möglich und für die Gesundheit des Schafes nötig.

Doch im Mittelalter gingen der Schafschur noch zwei Schritte voraus: 

Die Schafschwemme und die Schafwäsche. Bei der Schwemme wurden die Schafe, um die verschmutzte Wolle einzuweichen, in aufgestaute Bäche und Flüsse getrieben. Am darauffolgenden Tag wurden die Tiere, im Wasser stehend, der Reihe nach mit bloßen Händen durchgewaschen. 

So war der gröbere Dreck bereits ausgewaschen bevor die Wolle vom Schaf geschoren wurde.

 

Zur Schafschur wurden bereits seit ca. 600 v.Chr eiserne Schafscheren genutzt.

Zuvor mussten die Haare einzeln gerupft werden, was einen deutlichen Mehraufwand bedeutete.

Schafschur in einem spätmittelalterlichen Stundenbuch

Die komplette, geschorene Wolle eines Schafes hängt als Vlies zusammen. Solch ein Vlies wiegt zwischen 4kg und 5kg, das Vlies eines Merinoschafes hingegen nur ca. 2kg. Der Anteil der tatsächlich verarbeitbaren Wolle beträgt allerdings nur 50%. Den Rest bilden verdreckte Fasern und Lanolin (Wollfett). 

Die qualitativ hochwertigste Wolle befindet sich an den Seiten und Schultern, die schlechteste an Bauch, Schwanz und Beinen. Letztere wurde überwiegend als Stopfmaterial (zum Beispiel für Kissen) genutzt. 

Wollvorbereitung

 

Wolle sortieren und waschen

Vor dem Weiterverarbeiten muss zunächst Schmutz aus der Wolle aussortiert werden.

Bereits im Mittelalter gab es hierzu den Beruf der sogenannten Wollschläger die mit ihrem Werkzeug, dem Wollbogen, das Vlies auflockerten und größere Verunreinigungen entfernten. 

Danach konnte die Wolle gewaschen werden. Wie dies im Mittelalter ablief konnte ich noch keiner Quelle entnehmen. 

In modernen Rezepten wird oft berichtet eine der besten Methoden sei das waschen mit Regenwasser (bis zu 1 Woche im Regenwasser lassen), danach möglichst häufiges Spülen, bis das Wasser klar bleibt.

Der Vorteil an dieser Methode ist, dass das Lanolin größtenteils erhalten bleibt. 

Das Waschen mit Lauge ist deutlich schneller und gründlicher, entfernt jedoch auch einen Großteil des Lanolins. 

 

Wolle kämmen

Nach dem Waschen erfolgt das Kämmen oder Kardieren der Wolle. Es ist zwar grundsätzlich auch möglich direkt aus der sogenannten Flocke zu spinnen (das heißt die Fasern werden nur grob mit der Hand sortiert und dann direkt versponnen), jedoch erfolgt hierbei keine Sortierung nach Länge und Qualität der Wolle und ergibt deshalb ein minderwertigeres Garn. 

In Abbildungen von Spinnerinnen sind zumeist auch Handkarden oder Wollkämme abgebildet. Daher liegt die Vermutung nahe, dass es üblich war Wolle zu kämmen oder zu kardieren um alle Haare in die selbe Richtung auszurichten. Im Mittelalter wurde noch lange hauptsächlich vom Rocken (dazu später mehr) gesponnen. Um die Wolle auf einen Rocken zu bringen ist eine Ausrichtung der Haare unbedingt notwendig. Diese Arbeit war scheinbar so entscheidend für die Qualität des entstandenen Garns, dass mindestens ab dem 14, Jh der Beruf des Wollkämmers belegbar ist.

Wollkämme; Ausschnitt aus einer Miniatur 14.Jh

Durch das Kämmen entsteht der sogenannte Kammzug, bei dem nur die längsten Fasern erhalten bleiben. Lange Fasern bilden nach dem Spinnen sehr glatte, feine, wenig fusselnde und dadurch wenig kratzende Fäden.

Beim Kardieren  hingegen, wird mit Hilfe von Karden das Kardenband erzeugt. Es bleiben auch kürzere Fasern erhalten, während Knoten und zu kurze Faseranteile aussortiert werden. Das Kardenband ist im Vergleich zum Kammzug von etwas geringerer Qualität.

Die Ausbeute an zu verspinnender Wolle ist jedoch deutlich höher.  

 

Ölen

Auch heute noch empfehlen einige Hobbyspinner/innen, stark entfettete Wolle 

vor dem Spinnen mit einem Wasser-Öl Gemisch zu befeuchten, um so feiner Spinnen zu können. Sind die Fasern zu trocken neigen sie dazu bei zu viel Drall (Verdrehungen beim Spinnen) zu brechen. Außerdem bleiben trockene Fasern schnell an Schweißfeuchter Haut hängen. Die Mehrzahl der modernen Handspinnerinnen sind sich jedoch einig, das dieser Schritt nicht nötig ist, sondern eher behindert. 

Dies sah im Mittelalter anders aus. Bei der Tuchmacherei in Florenz (wie später beschrieben) war das Ölen offenbar üblich. 

Wie kommt es zu diesen Unterschieden? 

Es lassen sich in dieser Frage nur Thesen aufstellen, ohne dass wir jedoch zu einer eindeutigen Antwort kommen können. 

Eine Möglichkeit ist, dass die Wolle im Mittelalter stärker entfettet wurde. Wahrscheinlich wurde sie nicht (wie heute üblich) mit schonendem Wollwaschmittel behandelt, sondern mit einer aggressiven Lauge gewaschen. So kann es nötig gewesen sein wieder Fett hinzuzufügen. 

Eventuell haben im Mittelalter aber auch andere klimatische Bedingungen in den Häusern und Werkstätten geherrscht. Es könnte durch ein ständig brennendes Herdfeuer trocken gewesen sein, sodass die Wolle austrocknete. Wurde die zu verarbeitende Wolle jedoch in etwas feuchteren Räumen (in Verschlägen zum Beispiel) gelagert,ließ die Feuchtigkeit die einzelnen Schuppen aufquellen und sie verhaken sich so. Einölen ließ die einzelnen Schuppen leichter gegeneinander gleiten.

Eine letzte Theorie, warum es nötig gewesen sein könnte Wolle zu ölen ist die Hautbeschaffenheit des mittelalterlichen Menschen. Im modernen Zeitalter pflegen wir unsere Hände mit Fett, beim Arbeiten mit Säuren und Laugen, die die Haut angreifen, tragen wir Handschuhe und zuletzt arbeitet nur noch ein sehr geringer Teil unserer Bevölkerung körperlich so hart mit den Händen das rissige Haut, dicke Hornhaut und Schwielen die Hände prägen. 

Im Mittelalter waren die meisten Arbeiten körperlich deutlich anstrengender und zugleich der Hautschutz nicht so alltäglich wie im 21.Jh. Rissige, schwielige Haut dürfte daher bei dem arbeitenden Teil der Gesellschaft normal gewesen sein. 

An solch rauen Fingern blieben die feinen Wollfasern stärker hängen, wodurch ein Ölen die Arbeit erleichtern konnte. 

 

Krempeln

Auf einigen Abbildungen findet sich am Rocken, der zum Spinnen genutzt wurde, ein Vorgarn. Die Fasern wurden zuvor in einen gleichmäßigen Strang Wolle gezogen. 

Um ein Vorgarn zu produzieren krempelte man die Wolle. 

Dies diente der Vermischung eventueller Farbunterschiede innerhalb der Wolle, dem Aussortieren letzter Verunreinigungen, sowie im letzten Schritt der Erzeugung des Vorgarns. Die genauen historischen Arbeitsschritte des Krempelns konnten wir leider keiner Quelle entnehmen. 

Spinnen

 

Nach viel Vorbereitung konnte nun das Spinnen erfolgen, der Arbeitsschritt bei dem aus Wolle ein Faden entsteht. Die einzelnen losen Fasern werden hierbei verdreht. Die Fasermenge pro Zentimeter Faden wird dadurch deutlich erhöht, was Stabilität bringt. 

 

Bereits in der Jungsteinzeit wurde mit einer Handspindel gesponnen. Die Form der Spindel hat sich über mehrere Jahrhunderte hinweg kaum verändert. 

Sie bestand aus einem hölzernen Spindelstab (meist konisch) und einem Wirtel aus Ton, Knochen oder Stein, der auf den Spindelstab gesteckt wurde.  

Der Wirtel diente als Schwungmasse um ein gleichmäßiges Drehen der Spindel zu ermöglichen. Der entstehende Faden wurde nach und nach auf den Spindelstab aufgewickelt. 

Wurde der Spindelstab mit dem gesponnenem Garn zu schwer um vom Faden sicher gehalten zu werden, konnte der Wirtel abgenommen werden, wodurch ein Weiterspinnen möglich wurde. 

 

In mittelalterlichen Abbildungen findet sich außer der Handspindel stets noch ein Rocken. Hierbei handelt es sich um einen Stock, auf den die vorbereitete Wolle aufgewickelt wurde. 

Teilweise kann man auf den Abbildungen sehen, dass es sich um den Kammzug oder das Kardenband handelte. Auf einigen Abbildungen ist auf dem Rocken bereits eine Fadenstruktur aufgewickelt. Es handelt sich um Vorgarn, ein bereits mit den Händen in gleichmäßige Dicke gezogenes und minimal verdrehtes Garn.

Der Rocken konnte, je nach Bauart entweder einen Standfuß haben, sodass er frei am Boden stehen konnte, oder wurde im Gürtel getragen.  

 

Die mittelalterliche Spinntechnik unterscheidet sich grundlegend von moderner Spinntechnik mit der Handspindel. 

Bei modernen Formen der Handspindel arbeitet der Spinner oder die Spinnerin am „langen Auszug“, das bedeutet er/sie hält das Fasermaterial in der linken Hand. Der Faden auf der Spindel wird ebenfalls mit links gehalten. Die rechte Hand dreht die Spindel an und zieht dann Fasermaterial aus dem Depot der linken Hand. Der Faden verlängert sich hierbei und die Spindel sinkt in Richtung Boden. Hört die Spindel auf sich zu drehen oder hat sie den Boden erreicht, wird der Faden auf den Spindelschaft aufgedreht und der Prozess beginnt von vorne. Durch das Zusammenspiel beider Hände vor dem Körper hängt die Spindel immer Lotrecht vor dem Körper bzw. im Sitzen zwischen den Beinen. 

 

Im Mittelalter entwickelte sich jedoch, wie bereits erwähnt, eine völlig andere Art des Handspinnens. Wieso war der Rocken als zusätzliches Hilfsmittel offenbar notwendig?

Eine eindeutig korrekte, überprüfbare Antwort hierauf wird man kaum finden, jedoch gibt es einige Erklärungen hierfür, wenn man die moderne Spinntechnik aus historischer Sicht betrachtet. 

Wie bereits erwähnt hängt die Spindel beim Spinnen am langen Auszug vor dem Körper oder zwischen den Beinen. Im Mittelalter war bodenlange Kleidung bei Frauen üblich. Daher wäre das Spinnen mit moderner Technik im Sitzen unmöglich gewesen, da die Spindel auf Höhe der Oberschenkel durch die Kleidung gestoppt worden wäre. Auch im Stehen hätte der weite Rock vermutlich gestört. 

Oft sieht man Frauen auf Abbildungen bei ihren alltäglichen Aufgaben mit Spindel und Rocken. Es ist also anzunehmen, dass das Spinnen im häuslichen Umfeld eine Nebentätigkeit war. Daher musste die Spinnerin die Wolle und die Spindel häufig aus der Hand legen. Die Wolle in der Hand hätten sich auf diese Art schnell verheddert. Außerdem ist es in der linken Hand nur möglich eine kleine Menge Fasern mitzuführen, die relativ schnell verbraucht ist. 

Diese Art zu spinnen wäre also für den historischen Menschen eher unpraktikabel gewesen. 

Auf allen Abbildungen sieht man, dass sich die Spindel sehr dicht unter der Hand der Spinnerin befand. 

Historisch wurde also mit „kurzem Auszug“ gesponnen. Hierbei stützt die linke Hand (bei nicht selbststehendem Rocken) den Rocken und zieht das Fasermaterial aus. Der Faden läuft über die rechte Hand, die die Spindel jeweils kurz antreibt und mit der Spindel nach und nach schräg am Körper vorbei wandert. Durch die schräge Führung über den Körper hat man nur eine Hand frei um die Fasern zuzuführen. Der Rocken dient als Halterung der Fasern und somit als dritte Hand. Durch den Rocken kann also mehr vorbereitete Faser mitgeführt werden. Der Rocken und die Spindel lassen sich schnell im Gürtel verstauen um die Hände frei zu haben. 

 

Das Spinnen mit einer Handspindel ist immer ein unterbrochenes Spinnen. Das bedeutet, dass das Spinnen in regelmäßigen Abständen unterbrochen werden muss, um die Spindel anzuhalten und das Garn auf den Spindelstab zu wickeln. 

 

Um so dicker das Endprodukt sein soll, desto weniger Drall (Umdrehungen der Spindel je gesponnenem Zentimeter Faden) wird benötigt. Je feiner der Faden werden soll, desto mehr Drall wird benötigt.

 

Versuche haben ergeben das eine Spinnerin ca.122m feines Garn (Nm 68, also 68m Faden pro Gramm Fasern) pro Stunde spinnen konnte.  

 

Das Spinnen mit der Handspindel wurde sich über sehr lange Zeit betrieben. Erst die Spinnräder mit Fußantrieb, wie wir sie bis heute kennen, haben die Handspindel im 15.Jh mehr und mehr abgelöst, auch wenn es bereits vorher technischen Fortschritt in der Spinnerei gab. 

 

Im 13.Jh kam eine große Neuerung auf den Markt, die das Spinnen deutlich beschleunigte: Das Handspinnrad, auch großes Wanderrad, genannt.

Spinnerin mit Handspindel

Handspinnrad; Abb.14.Jh

Das Handspinnrad stellt vermutlich einen Weiterentwicklung des Spulrades dar, welches im 13.Jh in Europa bereits bekannt war. 

Die Idee des Handspinnrads ist jedoch höchstwahrscheinlich keine europäische Erfindung, sondern wurde aus China oder Indien importiert, wo es bereits in der Baumwollspinnerei bekannt war. 

In diesem Spinnrad ist die Spindel horizontal gelagert. Das Rad wird mit einer Hand angetrieben, die andere Hand hält das Fasermaterial und führt es zu. 

Die Spindel wird über einen Riemen angetrieben, der über das große Rad läuft. 

Eine Umdrehung des Rades führt zu einer Vielzahl von Umdrehungen der Spindel. 

Die Spindel muss beim Handspinnrad nicht mehr immer wieder neu angedreht werden, da sie sich (bei dauerhaftem Antrieb des Rades) endlos dreht. 

Dennoch führte diese Neuerung nicht zu einem ununterbrochenen Spinnvorgang. 

Die Spinnerin musste, wenn der Faden zu lang geworden war und ihre Armspanne nicht mehr ausreichte um ihn zu führen, das Rad kurz stoppen. 

Sie drehte das Rad kurz rückwärts und bewegte zeitgleich den Arm. 

Diesen hielt sie zuvor im 90° Winkel zum Rad und schwenkte nun in die Parallele zum Rad. Dadurch bewegte sich der Faden weg von der Spindelspitze und konnte nun durch Andrehen des Rades auf den Spindelstab aufgewickelt werden. 

Der Spinnprozess musste also weiterhin für das Aufwickeln unterbrochen werden. 

Dennoch dürfte das Handspinnrad eine deutliche Arbeitserleichterung dargestellt haben, da die Länge des Fadens, der ohne Unterbrechung gesponnenem wurde, deutlich zunahm. 

Versuche lassen den Schluss zu, das sich die Produktivität durch das Handspinnrad verdoppelt haben dürfte. 

Trotz dieser enormen Zeitersparnis wurde das Handspinnrad nicht zum Standardhilfsmittel des Spinnens, vielmehr wurde weiterhin die Handspindel genutzt. 

So verbot Paris 1268 die Nutzung des Handspinnrades im industriellen Bereich, andere Städte folgten (vgl. A.Lindner: Spinnen und Weben einst und jetzt). 

Grund für solche Verbote könnte mangelnde Qualität des Produkt sein. 

Diese Vermutung ergibt sich aus der Handwerksordnung der Weber in Speyer von 1298, in der das Handspinnrad ausdrücklich nur für die Herstellung von Schussgarn zugelassen wird, für die Kettfäden jedoch nicht. 

Die Kettfäden sind während des Webprozesses einer deutlich höheren Belastung ausgesetzt und es wäre denkbar, dass das Garn hierzu nicht stabil genug war. 

Mit dem Handspinnrad konnten kürzere Fasern, als mit der Handspindel versponnen werden. Dies war möglich, da die Drehfrequenz der Spindel höher war und man nicht mehr gegen die Schwerkraft arbeitete, sodass das Garns während des Spinnens seltener riss. 

Da Garn mit kurzen Fasern jedoch kratziger ist, als Garn das nur lange Fasern enthält, ist davon auszugehen das die Qualität des Garns für sehr feine und weiche Stoffe nicht gut genug war, was ein weiterer Grund sein könnte, warum das Handspinnrad die Handspindel nicht vollständig ersetzte. 

 

Obwohl es bereits im 13.Jh eine Zwirnmühle gab, die das Garn gleichzeitig Abwickeln und verdrehen konnte, wurde diese Technik erst im 15.Jh auf das Spinnrad übertragen. 

Das Flügelspinnrad entstand. Erst dieses ermöglichte einen ununterbrochenen Spinnprozess, da es zur gleichen Zeit Drall erzeugte und das entstehende Garn aufrollte. 

Erste Belege für die Existenz eines solchen Flügelspinnrades finden sich im Hausbuch der Familie Waldburg-Wolfegg 1480, sowie auf einer Skizze Leonardo da Vincis von 1490. Beide Exemplare haben eine Gemeinsamkeit, die sie von modernen Spinnrädern unterscheidet: Sie werden per Hand angetrieben. 

Die Entwicklung des Fußantriebes wird oft auf ca. 1530 datiert und Johann Jürgen aus Watenbüttel zugeschrieben. Viele Historiker gehen jedoch davon aus, das dieser lediglich von einer Abbildung der Glockendon-Bibel inspiriert wurde und der Ursprung des Trittantriebes in England zu suchen ist. 

Das Flügelspinnrad verbreitete sich im Gegensatz zum Handspinnrad schnell und revolutionierte das Spinnen.  

Bild des Flügelspinnrades der Familie Waldburg-Wolfegg 1480

Weiterverarbeitung des Garns

 

Zwirnen

Nach dem Spinnen folgt der Schritt des Zwirnens. Dabei werden die einzelnen Fäden mit gleicher Drallrichtung erneut gegen die ursprüngliche Drallrichtung versponnen.

Es ist möglich 2 oder auch mehr Fäden miteinander zu verzwirnen. Grundsätzlich hilft Zwirnen dabei zu starken Drall auszugleichen. 

Außerdem wird Zwirn, je so mehr Fäden er enthält, stabiler und somit reißfester. 

Auf das Zwirnen wurde jedoch in bestimmten Fällen auch verzichtet. So sind die meisten Stofffunde aus unverzwirntem Garn gewebt. Die Stabilität wird hier durch die Anzahl und Dichte der Fäden im Gewebe erzeugt. Auch die Gefahr des Verziehens (durch unterschiedliche Drallstärken der Fäden) besteht beim Weben nicht, da  die Fäden immer gegenläufig angeordnet sind und sich der Drall dadurch neutralisiert. 

 

Haspeln 

Vollkommen egal ob es sich um verzwirntes oder unverzwirntes Garn handelte, der nächste Arbeitsschritt war das Haspeln. 

Das Haspeln bewirkt, dass das Garn nicht krangelt (sich mit sich selbst verdreht). 

Hierbei wurde das Garn auf eine Haspel gewickelt, angefeuchtet und dann wieder getrocknet. Der Drall wurde hierbei gleichmäßiger auf den gesamten Faden verteilt. 

Im häuslichen Bereich wurde hierfür die Kreuzhaspel verwendet. 

In industriellen Spinnereien waren größere Haspeln üblich. Diese hatten zusätzlich einen Mechanismus der das Zählen der Wicklungen vereinfachen sollte.

Das getrocknete Garn wurde nach dem Haspeln zusammen gedreht und als sogenannte Dogge verkauft. Vor dem Weiterverarbeiten musste das Garn von der Dogge nun auf eine Spule umgespult werden. Dazu diente das Spulrad. 

Mann mit Kreuzhaspel; Kupferstich 15.Jh

Spulen

Das Garn wurde mithilfe eines Spulrades auf Spulen aufgedreht. Erste Belege für das Spulrad finden sich ab dem 13.Jh

Das Rad wurde mit der Hand angetrieben, welches über einen Riemen eine Spule drehte auf der das Garn aufgerollt wurde. 

 

Kette scheren 

Um das Garn nun auf einen Webrahmen zu bringen, musste man zunächst die Kette scheren. Das bedeutet, dass die Kettfäden auf die richtige Länge gebracht wurden. Dies machte der Kettscherer. 

Danach wurden die Kettfäden mit einer Paste bestrichen, um diese glatter und stabiler zu machen, dem sogenannten Kettschlichten.

Oft werden die Arbeitsschritte des Aufbringens der Kettfäden auf den Webrahmen, sowie das Kettschlichtens ebenfalls zum Kettscheren gezählt. 

Weben

 

Um aus vielen Einzelfäden ein Gewebe herzustellen, muss man diese miteinander verweben. Das Prinzip des Webens dürfte (oft aus der Schulzeit) bekannt sein. In parallel gespannte Fäden werden Querfäden eingebracht. Die parallelen Fäden bilden die sogenannten Kettfäden, die Querfäden bezeichnet man als Schussfäden. 

Die einfachste Form des Webens ist es, den Schussfaden manuell abwechselnd über und unter den Kettfäden zu führen. Diese Form wird als nicht entwickeltes Weben (gegenüber der sogenannten Vollweberei) bezeichnet. 

Charakteristisch für die Vollweberei ist die mechanische Fachbildung. Dabei werden die unterschiedlichen Gruppen von Kettfäden gleichzeitig angehoben oder gesenkt und bilden dadurch das sogenannte Fach. 

Durch dieses Fach wird der Schussfaden gereicht (nach Entwicklung des Webschiffchens geschossen, was dem Faden seinen Namen verlieh).

 

Die ältesten Webstühle die die Vollweberei ermöglichen sind Gewichtswebstühle, welche es bereits in der Jungsteinzeit gegeben hat. Bei Ausgrabungen im Kanton Zürich stieß man zum Beispiel auf Webgewichte aus dieser Zeit. 

 

Die Funktion eines Gewichtswebstuhl lässt sich am einfachsten durch eine Zeichnung erläutern: 

Gewichtswebstuhl

Fachbildung beim Gewichtswebstuhl

Der Gewichtswebstuhl besteht aus zwei Pfosten auf denen der Tuchbaum ruht. 

Die gesamte Konstruktion ist leicht schräg nach hinten aufgestellt. 

Am Tuchbaum  werden Kettfäden befestigt, die mit Hilfe von Webgewichten auf Spannung gehalten werden. 

Ein Querbalken dient der Fachbildung: 

Die Kettfäden werden abwechselnd vor und hinter diesen Balken sortiert. Durch die Schrägstellung bildet sich ein natürliches Fach.

An einem weiteren Querstab, dem Litzenstab, sind die im natürlichen Fach hinten liegenden Kettfäden befestigt. 

Wird der Litzenstab nun nach vorne gezogen, so bildet sich ein zweites Fach, das künstliche Fach. 

Der Schussfaden kann nun abwechselnd durch das natürliche und das künstliche Fach eingebracht werden. Danach wird er jeweils mit den Händen oder einem Webschwert fest an das Webstück angedrückt. Ein Webschwert ist eine flache Holzleiste, die in ihrer Form an ein Schwert erinnert.

Das fertige Gewebe kann auf den Tuchbaum aufgewickelt werden. 

Um eine längere Stoffbahn zu produzieren können die Kettfäden auf den Webgewichten aufgewickelt  und nach und nach abgerollt werden.  

 

Der Gewichtswebstuhl wurde ab dem 14. Jh vom Trittwebstuhl abgelöst. 

Erste Abbildungen zeigen die Konstrunktion bereits um 1200 n.Chr.

Trittwebstuhl um 1200 n.Chr.

Der Trittwebstuhl bestand aus einem Holzgestell mit mindestens zwei Trittpedalen. Der Weber konnte nun im Gegensatz zum Gewichtswebstuhl beim Weben sitzen. 

Die Kettfäden waren horizontal gespannt und das natürliche Fach wurde durch ein weiteres künstliches ersetzt. 

Hierzu waren mindestens zwei Litzenleisten über Rollen am Gestell oder an der Decke aufgehängt. 

Per Fußpedal konnte der Weber nun die Fachbildung erzeugen.

Fachbildung beim Trittwebstuhl

Beim Trittwebstuhl wurde ein Webschiffchen genutzt um den Faden durch das Fach zu „schießen“. Dieses Schiffchen bestand aus Holz und wurde so geformt, das es so gut wie möglich in der Hand lag und gleichzeitig so wenig Auflagefläche wie möglich hatte, um es nicht auszubremsen. 

Das Webschiffchen hatte eine Aussparung in die eine Spule mit dem Schussfaden eingesetzt wurde, die sich beim Einbringen ins Fach automatisch abrollte. So wurde das Schiffchen abwechselnd von links nach rechts befördert.

Die Webbreite war bei dem Trittwebstuhl daher auf eine Armspanne begrenzt, wollte man nicht auf einen zweiten Weber angewiesen sein, der das Schiffchen annahm. Die Stoffbreite bei Grabungen liegt meist bei ca 70cm. 

 

Der Gebrauch eines Trittwebstuhls führte zu gleichmäßigerer Stoffdichte und somit einer besseren Qualität des Webstückes. 

Auch die Webgeschwindigkeit erhöhte sich enorm. So konnte ein Weber mit durchschnittlich 20 Schuss in der Minute etwa 60cm feinen Stoff in der Stunde weben.

 

Bindungsarten 

Die einfachste Form des Gewebes ist die Leinwandbindung. Bei dieser liegt der Schussfaden im Wechsel über und unter den Kettfäden. 

Für das Weben solch einer Leinwandbindung  sind im Gegensatz zu komplizierteren Webmustern lediglich 2 Fächer notwendig. Der entstehende Stoff hat die Farbe des Schussgarns und ist kaum dehnbar. 

 

Durch den Gebrauch von mehr Fächern war es möglich Webmuster, wie die Köperbindung, zu erzeugen. 

Diese bilden neben der Leinwandbindung die häufigsten im Mittelalter angewandten Bindungsarten. 

Bei ihr können Schussfäden, einem bestimmten Muster folgend, mehrfach nebeneinander unter oder über die Kette geführt werden. 

Je nach Köperart sind die Schuss- und/oder die Kettfäden sichtbar. Köperstoffe sind im allgemeinen dehnbarer als leinwandgebundene Stoffe. 

Gleichköper (2/2 Köper)

Auch deutlich komplexere Muster sind möglich. Liegt der Schussfaden oben, ist dieser sichtbar, liegt er unter der Kette, sieht man den Kettfaden. Durch unterschiedliche Kettfadenfarben und Schussfadenfarben konnten die Weber somit unzählige Muster erzeugen. 

 

Stoffveredelung

 

Walken 

Nach dem Weben wurde der Stoff gewalkt. 

Das Walken filzt den Stoff an, lässt ihn einlaufen und führt dadurch zu einer Verdichtung des Gewebes. 

Das Walken geschieht mit Hilfe von warmen oder kaltem Wasser (manchmal mit Zusätzen wie Lauge) und beständigem Stampfen und Kneten des Stoffes. 

Dies geschah bis ins 11.Jh hinein mit Hilfe der Hände und Füße. Ab dem 11.Jh wurden hierfür Walkmühlen genutzt, die zunächst jedoch an nicht jedem Produktionsort zum Einsatz kamen. Walkmühlen arbeiteten mit Hilfe von Wasserkraft, sodass fließendes Wasser unbedingt notwendig war, um einen Stempel anzutreiben, der den Stoff automatisch stampfte. 

 

Spannen

Nach dem Walken wurde der Stoff erneut durchnässt und in Rahmen oder mit Gewichten gespannt und getrocknet. Die Stoffkanten hingen sich so aus, kräuselten sich nicht und die Stoffbreite und Länge wurde an jeder Stelle gleichmäßig. 

 

Rauhen

Im nächsten Schritt wurde der Stoff aufgeraut. Dies gelang mit Hilfe von Weberkarden. Bei diesen Karden wurden die Weberdisteln in einem Gestell befestigt und über den Stoff gezogen. Die kleinen Widerhaken zogen die Fasern aus dem Gewebegrund an die Oberfläche, ohne diese abzureißen. 

Der Stoff gewann hierdurch an Flauschigkeit, Weichheit und Warmhaltevermögen. 

Rauher bei seiner Arbeit

Tuchscheren

Das Tuchscheren war im Mittelalter eine beschwerliche Arbeit, bei der mit Hilfe von (bis zu 18kg schweren) riesigen Scheren, feine Fasern (die aus dem Tuch standen) abgeschnitten wurden um die Oberfläche zu glätten. 

 

Färben

Das Färben im Mittelalter ist ein sehr spezielles Thema, welches im Allgemeinen von den  Vorurteilen geprägt ist, man habe sich kaum farbigen Stoff leisten können, bestimmte Farben (z.B. Rot) seinen dem Adel vorbehalten oder Zeichen (z.B.gelb) von gesellschaftlichen Außenseitern wie Prostituierten oder ähnlichem.

Dem wollen wir hier deutlich widersprechen.

 

Es war gewiss nicht so, dass jeder alle Farben tragen konnte. Im Allgemeinen lag dies allerdings weniger an einem Verbot oder dem Symbolcharakter verschiedener Farben, sondern vielmehr an dem Wert eines Farbstoffes, bzw. dem Aufwand beim Färben und somit dem Wert des gefärbten Stoffes. Es konnte also nur das getragen werden, was man sich auch leisten konnte. (Gar nicht so anders als heute, oder?)

 

Damit man den Aufwand versteht, müssen wir das Färben an sich betrachten.

Um eine Stoff färben zu können bedarf es mehrerer Schritte.

Angefangen damit, dass der Stoff gebeizt werden muss.

Dabei werden die Fasern so behandelt, dass die Farbe eindringen kann und eine langfristige Färbung überhaupt möglich ist.

Dieser Vorgang kann kalt oder warm erfolgen und es werden verschiedener Zusätze wie zum Beispiel Alaun dafür verwendet.

 

Nachdem der Stoff gebeizt und damit bereit für den eigentlichen Färbevorgang ist, muss die so genannte Färbeküpe hergestellt werden.

Je nach Färbung (also je nach s.g. Färbedroge) muss man dabei unterschiedlich vorgehen.

Beispielsweise bei einer Blaufärbung durch Färberwaid (einer in Europa heimischen Pflanze), muss die Pflanze über mehrere Tage in einer Wasser-Urin-Mischung gewässert werden, so dass sie anfängt zu gären.

Nun wird die Färbung an sich durchgeführt.

Dabei wird das Färbegut (also der gebeizte Stoff) in die Küpe gegeben und bei einer bestimmten Temperatur gefärbt.

Auch dabei ist die Vorgehensweise von Färberdroge zu Färberdroge unterschiedlich.

Bei einer Blaufärbung ist zum Beispiel zu beachten, dass die Farbe erst durch den Kontakt mit der Luft entsteht.

Wird der Stoff also aus der Küpe genommen, bedarf es einiger Zeit, bis sich der endgültige Farbton eingestellt hat.

 

Ist der Stoff  gefärbt, wäre er theoretisch fertig.

Nun kommen wir aber zu einem Aspekt, der neben den Kosten für die Färbedroge, für den Wert des gefärbten Stoffes verantwortlich war.

Färbt man einen Stoff nur einmal, kann er zwar auch schon eine schöne Farbe annehmen, ist normalerweise aber noch relativ blass. 

Anders sieht es aus, wenn ein Stoff mehrfach (2-3 fach) mit demselben Farbstoff in Berührung kommt.

Außerdem können bestimmte Farben nur durch Doppelfärbungen mit verschiedenen Farbstoffen (wir erinnern uns an die Farblehre aus der Schule) erreicht werden.

So ist ein kräftiges, lichtechtes (also langlebiges) Grün am Besten durch eine Doppelfärbung mit Reseda (färbt gelb) und Indigo/Färberwaid (färbt blau) zu erreichen.

 

Welche Stoffe nun welchen Wert hatten, lag also an der Färberdroge an sich (ist die Pflanze/der Färbestoff hier heimisch oder muss er extra importiert werden), aber auch an dem Aufwand der betrieben werden musste um die Farbe zu erzielen (Einfach- oder Mehrfachfärbung).

 

Stellt man sich nun das Stadtbild um 1310 (der von uns dargestellten Zeit) vor, so muss man sich eine Vielzahl verschiedener Farben und buchstäblich ein buntes Treiben vorstellen. Natürlich hatte man dort die absolute Unterschicht, welche sich nur ungefärbte Stoffe und Kleidungen leisten konnte. Je weiter man aber in der sozialen Stellung aufstieg und somit sein Einkommen steigerte, umso teurer (angefangen bei einfachen Färbungen mit heimischen Pflanzen bis hin zu Mehrfachfärbungen mit importierten Farbstoffen) wurden die Stoffe, die man verwenden konnte und (um seinen Reichtum und seine Stellung zu zeigen) auch musste.

 

Nähen

Um den Stoff nun am Körper tragen zu können, muss dieser noch zugeschnitten und genäht werden. Da die Mode des Mittelalters ein eigenes Buch füllen könnte, sei diese hier nur am Rande erläutert. 

 

Die meisten Schnitte Mittelalters haben eines gemeinsam: sie sind mit so wenig Verschnitt (Reststoff) wie möglich konstruiert. Daraus folgt eine Schnittführung die fast ausschließlich mit Rechtecken auskommt. 

Vorder- und Rückenteil werden aus je einem Rechteck gebildet. Die benötigte Breite wird durch hinzufügen von Keilen (Dreiecke die aus Rechtecken geschnitten werden) erzielt. 

 

Wollproduktion als Gemeinschaftsarbeit

 

Die Arbeitsschritte, die die Wolle vom Schaf bis hin zum fertigen Kleidungsstück durchlief, wurden keinesfalls von einer einzelnen Person erledigt. Vielmehr waren eine Vielzahl von Einzelpersonen und Berufen in der Tuchproduktion beschäftigt. 

 

Als Beispiel hierfür soll der Vorgang der Tuchmacherei in Florenz im 14. und 15. Jh genutzt werden. 

Der Hauptprozess war in 18 Hauptarbeitsgänge gegliedert, die wiederum untergliedert sein konnten. 

Die Tucher standen mit ihren Werkstätten im Mittelpunkt der Wollproduktion und waren in Handwerksgilden organisiert. 

Ein Tucher in Florenz bezog die Rohwolle. In seiner Werkstatt wurde sie von Wollschlägern und -sortierern zunächst vorbereitet. 

Arbeiter, die in der Tucherwerkstatt arbeiteten, waren Zeitlöhner, wurden also nach Arbeitszeit bezahlt. 

Nach dem Sortieren wurde die Wolle extern in der Stadt von Wollwäschern gewaschen, die nach Stücklohn (also nach Menge) bezahlt wurden. 

Die gewaschene Wolle wurde nun zurück in die Werkstatt des Tuchers gebracht, wo sie von Wollkämmern,-zupfern, -ölern und -kremplern nacheinander bearbeitet wurde. 

Diese Berufsgruppen zählten ebenfalls zu den Zeitlöhnern und bildeten gemeinsam mit den Wollschlägern und -sortierern die zahlreichste und zugleich die ärmste Klasse der von der Wollproduktion abhängigen Bevölkerung. 

Die Wolle wurde im nächsten Arbeitsschritt extern versponnen. Die Spinnereien in der Stadt lagerten ihre Arbeit oft aufs Land, in die Privathäuser der Spinnerinnen, aus. Spinnerei war also sogenannte Heimarbeit und wurde nach Menge bezahlt. 

Das versponnene Garn wurde erneut in die Werkstatt des Tuchers verbracht, wo der Kettscherer die Kette scherte (Zeitlohn), woraufhin die städtische Werkstatt des Webers den Stoff wob (Stücklohn). Nach einem Zwischenstopp beim Tucher wurde der Stoff gewalkt.

Walkmühlen lagen im Allgemeinen außerhalb der Städte und arbeiteten nach Stücklohn. 

Das gewalkte Tuch erreichte erneut die Werkstatt des Tuchers.

Nun begann die Arbeit der „Meister“ in ihren Werkstätten.

Es folgten als „Meisterarbeitsschritte“: Das Spannen (Tuchspanner), das Rauen (Rauher),das Tuchscheren (Tuchscherer), das Färben (Färber), das Stopfen (Stopfer), sowie das Scheren, Falten, Pressen (Tuchschererfalter). 

Meister wurden nach Tarif bezahlt. Sie waren in einer Zunft, galten jedoch als Mitglieder zweiter Klasse (Erste Mitgliederklasse bestand nur als Tuchern). 

Das fertige Endprodukt landete nun erneut beim Tucher.

 

Bei dieser Arbeitseinteilung wird deutlich, dass offenbar ausschließlich die Spinnerei in Florenz Frauenarbeit war. 

 

Die Arbeitseinteilung der Tuchherstellung in Florenz soll nur einem Beispiel dienen, konnte sie doch von Stadt zu Stadt abweichen. 

So waren die Weber in Florenz Handwerkermeister, in den heutigen Niederlanden hatten sie keinen Meistertitel. 

Auch durften in Florenz ausschließlich die Walkmühlen auch „Fremdaufträge“ annehmen, während dies in anderen Städten zum Beispiel auch Färber durften. 

 

Wenn es solche Unterschiede je nach Region gibt, gab es auch Unterschiede was die Aufgaben von Frauen in der Tuchproduktion betrifft? 

Sieht man sich Abbildungen von Spinnerinnen bei der Arbeit an, so sieht man oft auch Kämme, Karden, Haspel und Spulrad abgebildet. Es liegt daher im Bereich des Möglichen, dass diese Arbeitsschritte in einigen Gebieten gebündelt wurden und Aufgabe der Spinnerinnen war. Unklar auf den Abbildungen ist jedoch ob es sich um rein häusliche Spinnerei für den Eigenbedarf handelt oder ob die Spinnerin einer gewerblichen Tätigkeit nachgeht. 

Für das Frühmittelalter finden sich da deutlichere Hinweise. So wurde 789 n.Chr. in der „Admonitia generalis“ Karls des Großen die verbotenen Arbeiten an Sonntagen aufgelistet.

Hier wird Frauen an Sonntagen ausdrücklich das Ausführen der „opera textilia“ verboten. Diese werden definiert als weben, zuschneiden, zusammennähen, besticken, spinnen und Schafe scheren. 

Die Textilherstellung war im Frühmittelalter (zur Zeit Karls des Großen) ausschließlich Frauenarbeit, die nicht nur den Familienbedarf deckte, sondern auch dem Grundherren diente. 

 

Nachsatz 

 

Insgesamt lässt sich aus den vorliegenden Informationen schließen, dass die Kleidungsherstellung im Mittelalter eine sehr aufwendige Arbeit war, gute Kleidung aber der Normalfall war.

Es gab viele Berufe in der Wollproduktion, die genau aufeinander abgestimmt waren, um den Tuchbedarf der Bevölkerung zu decken. 

 

Vielleicht konnte der vorliegende Text das Interesse wecken und ein paar Antworten zu Fragen zur Wollverarbeitung liefern.

Selbstverständlich erhebt er keinen Anspruch auf Vollständigkeit und auch die genannten Quellen können sicherlich auf die ein oder andere weise interpretiert werden.

Insgesamt soll es sich hierbei „nur“ um eine Kurzinformation zu dem Thema handeln.

 

Bei Fragen oder Anmerkungen sprechen Sie uns gerne an oder kontaktieren sie uns über Facebook oder per Mail. Wir würden uns sehr darüber freuen!

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Tremonia 1300

Historische Darstellung des Lebens 1300-1320

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http://www.fb.me/tremonia1300

Tremonia1300@gmail.com

 

Literaturtipps

 

Almut Bohnsack

Spinnen und Weben – Entwicklung von Technik und Arbeit im Textilgewerbe

Rowohlt Verlag

ISBN 3-499-17702-1

 

Christina Cowden-Wüthrich:

„Das Schaf und seine Wolle“ -Historischer Exkurs: Von den Anfängen der Schafzucht bis zum heutigen Standard des Wollsiegels – Eine Unterrichtssequenz im Texilunterricht an der Grundschule 

BoD – Books on Demand, Norderstedt

ISBN 978-3-7347-3708-4

 

Uta Lindgren

Europäische Technik im Mittelalter – Tradition und Innovation

Gebr. Mann Verlag 

ISBN 3-7861-1748-9